In diesem offenen Brief wenden sich einige Frauen aus der Politik an Sigmar Gabriel (SPD) und stellen Fragen zu seinem Verständnis der Vater-Rolle, da er offenbar selber bald Papa wird. Da unter den Politikerinnen auch Julia Schramm von der Piratenpartei ist, konnte ich mir ein Kommentar nicht verkneifen. Der Brief und die darin enthaltenen Fragen sind natürlich provokant, klar, sonst hätte man ihn auch gleich lassen können.
Herr Gabriel wird aufgefordert, ein Vorbild zu sein und in Elternzeit zu gehen, damit er sich um das Kind kümmern kann. Die Sache hat bloß einen Haken, selbst wenn er das wollte, er darf es gar nicht. Bundestagsabgeordnete und Minister haben keinen Anspruch auf Elternzeit. O.K., ignorieren wir dies mal, denn ich glaube nicht, dass jemand wirklich von ihm erwartet, eine Auszeit zu nehmen. Vielmehr sollte mit dem Brief eine Diskussion angeregt werden, und genau das hat auf jeden Fall geklappt:
Alle großen Zeitungen haben Kommentare zu dem Thema verfasst.
Der Hintergrund ist einfach, wenn Frauen in politischen Ämtern Kinder bekommen, werden sie mit genau dieser Art Fragen konfrontiert. Schnell fällt der Begriff „Rabenmutter“, einen Ausdruck, den es übrigens nur in Deutschland gibt. Dafür sollten wir uns schon mal grundsätzlich schämen, vor allem die, die ihn verwenden. Herr Gabriel hat sich bisher nicht gerade umfassend zu dem Brief geäußert und die Kindererziehung seine Privatsache genannt. Das kann ich verstehen, finde es aber sehr schade. Ich bin in Elternzeit gegangen, weil meine Frau mehr Geld verdient als ich, nicht, weil es mein Lebenstraum war, Vollzeitvater zu werden. Natürlich will ich meine Aufgabe nun so gut machen, wie es eben geht. Das macht auch Spaß, dient aber in erster Linie dazu, meine Frau zu unterstützen.
Ich vermute, dass Herr Gabriel besser verdient, als seine Frau, daher wäre es für mich unlogisch, wenn er auf einmal zu Hause bleiben würde. Aber darum geht es eigentlich auch nicht, sondern um die Tatsache, dass öffentlich in der Kindererziehung beide Partner gleichberechtigt sind, die Realität aber eben anders aussieht. Meistens bleibt die „Carearbeit“ zum Großteil an den Frauen hängen, selbst in Beziehungen, wo sich der Vater bewusst einbringt.
Das gilt allerdings für beide Seiten, denn Männer, die tatsächlich die Aufgabe des Hausmannes übernehmen, werden mit ganz ähnlichen, dummen Fragen, meistens von Frauen, konfrontiert.
Hier mal meine persönlichen top drei:
- Stillen sie ihr Kind auch? Stillen ist das Beste für ihr Kind!
- Machen sie daheim auch den Haushalt? Wäsche machen, Putzen und so?
- Können sie mit Kindern umgehen? Haben sie darin Erfahrung?
Diese Seite, die Seite der Männer in einer Frauendomäne, ist kaum bekannt. Die Fragen beweisen aber, dass Frauen kein Stück besser sind als Männer, wenn es um „ihren“ Bereich geht. Wenn eine Frau ein Kind bekommt, fragt man diese vermutlich auch nicht, ob sie mit Kindern umgehen kann, oder sie den Haushalt erledigt. Mir sagt man aber in der Krabbelgruppe, dass ich bitte nicht auf die Kinder treten soll.
Wenn es in diesem Thema Fortschritte geben soll, helfen keine Regelungen und Gesetze, sondern nur mehr Verständnis auf beiden Seiten.